Das Fernsehduell, eine persönliche Analyse (und dabei hatten wir uns doch vorgenommen, fast objektiv zu schreiben...)
Salzburger Nachrichten: "Die Deutschen können einem leid tun." Ach bitte, so schlimm ist es auch nicht, es hatte schon einen prächtigen Unterhaltungswert (vielleicht nur für Kommunikationsexperten). Wir haben stellenweise laut gelacht, das ist doch auch schon was wert.
Slogans wurden brav abgespult (2stimmiges Räuspern, 5 verdrehte Augen), es gab einige schöne Überleitungen um Defizite zu kaschieren, Gestik und Mimik waren trainiert, beim Kanzler allerdings wesentlich echter und unserer Meinung nach ehrlicher, einfach kongruenter. Und zu beobachten war auch, dass etliche Kniffe verpasst wurden. Es gibt also noch viel zu tun. Und Frau Merkel hatte nur ein einziges Mal einen weinerlichen Unterton - beide sind also lernfähig... Das lässt ja hoffen.
Lob 1 Beide wurden im Verlauf des Gespräches besser. Zwischenzeitliche Kontrollverluste wurden schnell wieder ausgeglichen. Wie wäre es mit einem 24stündigem Gespräch, danach wäre die Wahl entschieden. Ja, wir wollen das eigentlich auch nicht. Obwohl... Dieter Wedel sagte hinterher: "Es geht nicht um Information, es geht darum, nicht zu langweilen." Genau, das wussten auch beiden und haben also mäßiges Entertainment geliefert.
Lob 2 Frau Merkel gestand als erstes einen Fehler (einen unbedeutenden), danach war Herr Schröder gefragt, nachzuziehen, was er auch ein paar Minuten später tat. So ging es hin und her. Wenige kleine Fehler eingestehen macht sympathisch, da darf niemand hinterherhängen. Schon das sechste "Geständnis" konnten wir dann auf 17 Sekunden genau vorhersagen. Ein Zeichen dafür, wie exakt die beiden sind. Le Figaro schrieb: "eineinhalb Stunden ohne große Dumheiten". Stimmt.
Lob 3 Aufgrund von unbewussten Minimimiken, Winziggestiken und Augenbewegungen (aus der Sicht von uns als Hypnotiseuren gesehen - und trotz aller Objektivität) wirkte Gerhard Schröder ehrlicher, wesentlich selbstsicherer, humorvoller und vertrauenserweckender. Er hat sich allerdings auch in den letzten Jahren darin kontinuierlich geübt und verbessert.
Übrigens, Deutschland ohne Außenpolitik? Leben wir denn auf einem Stapel von Schildkröten? Das Thema kam definitiv zu kurz. Als Wähler wollen wir genauestens wissen, wie die Kandidaten Krieg, Frieden und weltweite Armut und Entwicklung sehen und vor allem, wie sie darauf reagieren werden.
Fazit: Im Amt des Bundeskanzlers geht es darum, Entscheidungen zu treffen, die ergebnisorientiert, intelligent und moralisch sind. Darum, dass die/der Betreffende die Situation in Deutschland und der Welt verbessert, ein ‘guter’ Mensch ist, und die Dinge tut die er/sie für Richtig hält und dabei vertrauenswürdig, ehrlich, lernfähig und friedfertig ist.
Also freuen wir uns, dass wir demokratisch Verantwortung tragen können - und sorgen wir doch alle, bitte, dafür, dass die richtige Person gewählt wird (ja, klar, wir wissen auch nicht, wen).
Wir freuen uns schon auf die Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers.
Und noch ein Lob an den Regisseur: Das Problem mit den Ohren wurde doch hervorragend gelöst!
P.S.: Im Moment ließe sich auch über eine Harald Schmidt-Monarchie nachdenken - so mit Zepter und Krönchen...
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